Essays on customized and collaborative value creation from the perspective of sustainability
- Aufsätze zur kundenindividuellen und kollaborativen Wertschöpfung aus der Perspektive der Nachhaltigkeit
Hankammer, Stephan; Piller, Frank Thomas (Thesis advisor); Kleer, Robin (Thesis advisor)
Aachen (2018)
Doktorarbeit
Dissertation, RWTH Aachen University, 2018
Kurzfassung
In den letzten Jahrzehnten werden die Auswirkungen menschlichen Handelns auf die natürlichen Grenzen der Umwelt zunehmend wahrgenommen und in der Öffentlichkeit diskutiert (Rockström et al., 2009). Auch Verbraucher halten ökologische Kriterien bei ihrer Kaufentscheidung zunehmend für wichtig (Thogersen & Olander, 2002; Waddock et al., 2002). In der Folge steigt auch der Druck auf Unternehmen, mehr Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft zu übernehmen und ihre Wertschöpfung nachhaltiger zu gestalten (Elkington, 1997; Nidumolu et al., 2009; Waddock et al., 2002). Geschäftsmodelle sollten daher nicht nur anhand ökonomischer Indikatoren analysiert werden, sondern ebenso unter Einbeziehung ökologischer und sozialer Faktoren (Boons & Lüdeke-Freund, 2013; Elkington, 1997). Ziel dieser Dissertation ist es, Nachhaltigkeitsaspekte systematisch in die Managementforschung zu kollaborativen Formen der Wertschöpfung zu integrieren. Konzepte dieser Art von Wertschöpfung, wie zum Beispiel die kundenindividuelle Massenfertigung (Mass Customization), kontrastieren das traditionelle Verständnis von Wertschöpfung, in der Unternehmen diejenigen sind, die Wert schaffen, und Kunden diejenigen, die Wert verbrauchen (Moeller et al., 2013; Prahalad & Ramaswamy, 2004). Stattdessen spielen Geschäftsmodelle, in denen Kunden und andere externe Akteure einen deutlich aktiveren Part einnehmen, eine immer wichtigere Rolle (Etgar, 2008; Franke & Piller, 2004; Nenonen & Storbacka, 2010; Payne et al., 2008). In der heutigen Managementpraxis findet die Organisation kollaborativer Wertschöpfung bisher allerdings weitgehend getrennt vom unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagement statt (Arnold, 2017). Die vorliegende Dissertation untersucht deshalb anhand von vier Forschungsaufsätzen, wie die kollaborative Wertschöpfung im Allgemeinen und Mass Customization im Besonderen aus Nachhaltigkeitsperspektiven bewertet und gestaltet werden können. Der erste Aufsatz untersucht und strukturiert die Forschungslandschaft der kundenindividuellen Fertigung unter Zuhilfenahme aktueller Fortschritte in der Verarbeitung natürlicher Sprache, dem Latent Dirichlet Allocation (LDA)-Algorithmus, zur Modellierung von Themen. Als zentrales Ergebnis der Analyse lässt sich herausstellen, dass sich die Forschung zu Mass Customization in 60 Teilbereiche gliedern lässt. Mithilfe der Regressionsanalyse wird gezeigt, wie sich jedes der 60 Themen im Laufe der Zeit entwickelt hat, während die Netzwerkanalyse herangezogen wird, um die Verbindungen zwischen den Themen und die Rolle der verschiedenen Managementdisziplinen bei der Gesamtentwicklung des Forschungsbereichs aufzuzeigen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wird eine Agenda für zukünftige interdisziplinäre Forschung zu Mass Customization abgeleitet. Der zweite Aufsatz untersucht die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Potenziale von Mass Customization-Geschäftsmodellen, die darauf abzielen, Nachhaltigkeit in der Unterhaltungselektronikindustrie zu fördern. Anhand einer Fallstudie wird gezeigt, wie Modularität eine kontinuierliche Anpassung während der Nutzungsphase zulässt und gleichzeitig längere Produktlaufzeiten durch Aufrüstbarkeit und Reparierbarkeit ermöglicht. Darüber hinaus werden positive soziale Auswirkungen abgeleitet, die sich durch den erleichterten Zugang zu speziellen Anwendungen z.B. im Bereich der Gesundheitsdiagnostik im spezifischen Kontext von modularen und individualisierbaren Smartphones ergeben. Der dritte Aufsatz wendet sich der Kundeninteraktionsphase von Mass Customization zu und untersucht ihr Potenzial, zur Förderung von nachhaltigem Konsum beizutragen. Es werden eine Reihe von Möglichkeiten für Unternehmen zur Verbesserung der unternehmerischen Nachhaltigkeit in gemeinsamer Anstrengung mit den Verbrauchern abgeleitet und empirisch getestet. Durch Simulation des Online-Kaufprozesses eines individualisierbaren TV-Geräts mit einem realistischen webbasierten Produktkonfigurator werden zwei Experimente, die in eine umfangreiche Online-Umfrage eingebettet sind, durchgeführt. Die Ergebnisse der Experimente zeigen, dass die Möglichkeit, einzelne Attribute eines Produkts anzupassen, Verbraucher dazu bewegen, ihr individuelles Nachhaltigkeitsbewusstsein im Produktdesign widerzuspiegeln. Darüber hinaus legen die Ergebnisse nahe, dass umweltfreundliche Vorkonfigurationen eine bedeutende Rolle bei der Förderung nachhaltigen Konsums spielen können. Der vierte Aufsatz untersucht, wie Konzepte und Technologien der kollaborativen Wertschöpfung aus der Perspektive des Degrowth-Konzepts bewertet werden können. Dabei wird davon ausgegangen, dass kollaborative Wertschöpfungsformen nicht nur für wachstumsorientierte Unternehmen relevant sind, sondern auch für gemeinwohlorientierte und alternative Organisationen. Im vierten Aufsatz wird deshalb diskutiert, wie bisherige Erkenntnisse der kollaborativen Wertschöpfungsforschung den Diskurs über die Gestaltung von Geschäftsmodellen im speziellen Degrowth-Kontext bereichern können. Die konzeptionelle Analyse zeigt, dass mehrere Elemente kollaborativer Wertschöpfungskonzepte und -technologien mit Degrowth-Zielen übereinstimmen, aber nicht automatisch zu deren Erreichung führen. Dadurch wird ein Ausgangspunkt für zukünftige (empirische) Forschung in diesem Bereich geschaffen.
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2018-223079
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2018-223079